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Ein Vorschlag zur Renten-Reform 

Die Logik, nach der die Höhe der Rente sich nach den eingezahlten Beiträgen richtet, scheint auf den ersten Blick nachvollziehbar. Dabei fallen allerdings einige Aspekte unter den Tisch. Die Rente finanziert sich nicht aus den Beiträgen, die ihre Bezieher im Lauf ihres Arbeitslebens entrichtet haben, sondern aus den Beiträgen, die aktuell in die Kasse fließen. Die derzeit Beschäftigten zahlen die Rente für die ehemals Beschäftigten. Außerdem wird der Rententopf aus dem allgemeinen Steueraufkommen subventioniert. Aus welchen Gründen jemand die für eine einigermaßen angemessene Rente erforderlichen Beiträge nicht leisten konnte oder wollte, erfasst das System nicht. Schließlich bleibt unberücksichtigt, ob die Einkommen, aus denen Beiträge entrichtet wurden, durch gesellschaftlich nützliche oder eher schädliche Arbeit erzielt wurden. Beispielsweise folgt der relativ spärlichen Bezahlung in sozialen Berufen eine zusätzliche Benachteiligung im Rentenalter, obwohl gerade Menschen in diesen Berufen besonders wertvolle Dienste für die Gesellschaft erbringen.

Nun finanzieren die Beschäftigten das soziale Netz ja nicht allein, sondern Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen sich die Last. Das ist grundsätzlich begrüßenswert, zumal die paritätische Beteiligung beider Seiten wieder erreicht wurde. Auch hier hat die Gerechtigkeit aber einen Kratzer. Sowohl die Beiträge der Arbeitgeber als auch die der Arbeitnehmer müssen zunächst erwirtschaftet werden. Dafür sind die Arbeitgeber zuständig, wenn auch die Leistung der abhängig Beschäftigten die Grundlage bildet. Im Grunde tragen die Arbeitgeber die Gesamtlast. Und da stellt sich die Frage, wieso muss diese Belastung an die Zahl der Beschäftigten, beziehungsweise an deren Einkommen gekoppelt sein? Dieses System bestraft Unternehmen, die Menschen in Lohn und Brot bringen, und es bevorteilt die, die stattdessen in Automatisierung investieren. Wäre es nicht – für Arbeitgeber und Arbeitnehmer – gerechter, die Gesamtwirtschaft müsste für die Finanzierung des sozialen Netzes aufkommen?

Das würde bedeuten, alle Unternehmen müssten unabhängig von der Zahl der Beschäftigten und der Lohnsumme eine Abgabe entrichten und damit die derzeitigen Sozialbeiträge ersetzen. Das wäre so etwas wie eine Quellensteuer, denn die erforderlichen Mittel würden direkt an der Quelle abgeschöpft, wo sie erwirtschaftet werden. Als Bemessungsgrundlage könnte der Umsatz dienen. Der öffentliche Dienst, Selbständige und Unternehmen, bei denen das Kriterium „Umsatz“ nicht anwendbar ist, müssten adäquate Beiträge entrichten. So wären alle Beschäftigten, Beamte und Selbständige in das Rentensystem einbezogen und hätten einen Anspruch auf Rente.

Sofern sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmer-Beiträge auf diese Weise abgelöst würden, wäre ein neues Kriterium für die Berechtigung und Bemessung des Renten-Bezugs notwendig. Da böte es sich an, die Arbeitszeit als Berechnungsgrundlage zu nehmen. Die Arbeitgeber wären dann zu verpflichten, statt der gezahlten Löhne und Gehälter die geleistete Arbeitszeit an eine zentrale Stelle zu melden. Technisch wäre das wohl kein Problem, ohnehin wird ja weitgehend die Arbeitszeit elektronisch erfasst. Nur, wie ließe sich dieses System gegen Missbrauch absichern? Es würde Arbeitgeber geradezu einladen, überhöhte Zahlen zu melden. Sie hätten davon keine Nachteile zu befürchten, könnten aber ausgesuchten Beschäftigten große Gefallen erweisen. Vielleicht wäre eine Kontrolle über die Steuerzahlungen möglich. Ob die sich allerdings wasserdicht gestalten ließe, dürfte zu bezweifeln sein.

Einfacher und besser wäre ein System, in dem eine spezielle Berechtigung zum Renten-Bezug überflüssig wäre. Das würde bedeuten, ab Vollendung des 67. Lebensjahres erhielten alle die Rente in gleicher Höhe. Wem das zu wenig ist, hat wahrscheinlich im Berufsleben so gut verdient, dass er zusätzlich privat vorsorgen konnte.