Gerd Kallweit:
Meine Bücher zu Politik, Religion, Kirche, Fußball
Staat - Kirche -Fußball
Kurz-Info
Maria hat nicht nur Jesus in jungfräulichem Zustand geboren, sie ist
sogar nach dieser Geburt Jungfrau geblieben (obwohl die Bibel von Jesu
Brüdern berichtet), und am Ende ihres irdischen Daseins ist sie in den
Himmel aufgefahren. Das haben alle Katholiken gefälligst zu glauben,
denn es handelt sich um ein 1950 (!) vom Papst verkündetes Dogma. Dabei
glauben Kirchen-Vertreter und Theologen wie beispielsweise der
ehemalige Mainzer Bischof, Kardinal Lehmann, nicht einmal an die
Himmelfahrt Jesu.
Seit mehr als 200 Jahren könnte allgemein bekannt sein, dass das
christliche Glaubensgebäude auf Sand gebaut ist, dass es keine
tragfähigen Fundamente hat. Bei den kirchlichen Führungseliten ist
diese Erkenntnis längst angekommen. Das hält sie aber nicht davon ab,
Botschaften zu verbreiten, an die sie selbst nicht glauben. Und wo die
Verkündigung biblischer Legenden nicht mehr verfängt, sollen verbale
Verrenkungen dazu dienen, das Gebäude möglichst vor dem Einsturz zu
bewahren. Viele Menschen haben sich jedoch mittlerweile von ihren
Vorbetern emanzipiert. Nur noch knapp die Hälfte der Bevölkerung in
Deutschland gehört einer der beiden großen christlichen Kirchen an.
Wobei die Mitgliedschaft kaum etwas über die jeweils individuellen
Glaubensinhalte aussagt. Gemessen an ihren Überzeugungen lassen sich
nur etwa 25 Prozent der Deutschen dem Christentum zurechnen.
Für den Staat hat der Umgang mit Religion und Kirchen etwas
Selbstverständliches. Politiker lassen sich meist weder von Versuchen
theologischer Modernisierungen noch von religionsfreien Einstellungen
der Bürgerinnen und Bürger beeindrucken. Und wenn doch, bleibt das
staatliche Handeln davon unberührt. Der Staat hofiert Religionen und
Kirchen. So stelle ich in dem Buch "Staat - Kirche - Fußball" das
Zusammenspiel von Religion und Politik dar. Die Beispiele reichen von
der Präambel des Grundgesetzes über die ausdrückliche Tolerierung des
kirchlichen Arbeitsrechts bis zum Besuch des Papstes im Deutschen
Bundestag, bei dem die Abgeordneten sich zu Statisten degradieren
ließen. Und dass der Staat die Kirchen aus den allgemeinen Steuertöpfen
- die von Ungläubigen ebenso wie von Gläubigen gefüllt werden -
jährlich mit einem Betrag bedient, der doppelt so hoch ist wie die
Summe der Kirchensteuern, ist den Volksvertretern in den deutschen
Parlamenten bisher weitgehend verborgen geblieben. Ich bezeuge meinen
Respekt vor dem sozialen Engagement vieler durch ihren Glauben
motivierter Menschen, kritisiere aber die Rolle der Kirchen als
Macht-Apparate.
Laut Titel geht es in dem Buch auch um Fußball. Ich vergleiche Religion
und Fußball. Die weitverbreitete Fußballbegeisterung gründet vor allem
in dem Gefühl, einer Gemeinschaft Gleichgesinnter anzugehören. Dieses
Gefühl aber ist eine Illusion, wirkliche Gemeinschaft bildet der
Fußball nicht. Illusion kennzeichnet auch jede Art von Religion. In der
Politik ist Religion deshalb fehl am Platz. Dort müsste die Devise
"denken statt glauben" gelten. Wenn Abgeordnete dennoch Illusion
wollen, ist ihnen eher die des Fußballs zu empfehlen.
Staat - Kirche - Fußball, ISBN 978-3-95631-115-4, 196 Seiten, Paperback 15,90 EUR, auch als ebook und als pdf erhältlich:
http://www.shaker-media.eu/de/content/bookshop/index.asp?ID=2&ISBN=978-3-95631-115-4
Exposé
„Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, ... hat
sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses
Grundgesetz gegeben.“ So steht es in der Präambel unseres
Grundgesetzes. Wie kann ein Volk sich vor Gott verantworten, wenn seine
Mitglieder ganz unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wer oder
was Gott sein könnte bzw. ob es ihn oder sie überhaupt gibt?
Wie es tatsächlich um den Glauben in der Bevölkerung steht, wird mit
Hilfe vorhandener Studien dargelegt. Die kirchlichen Glaubensvorgaben
machen nur einen Teil des Spektrums aus. Viele Menschen haben
selbstgezimmerte Vorstellungen.
Um herauszufinden, welche Einstellungen hinsichtlich Religion und
Kirchen in der Politik zu Hause sind, habe ich online eine Umfrage bei
den Abgeordneten des Bundestags und der Landtage durchgeführt. 70
Prozent der Abgeordneten beten an vier Tagen der Woche, also öfter als
jeden zweiten Tag. Damit übertreffen sie die Allgemeinheit.
Der Umfrage zufolge lassen die Abgeordneten sich bei ihren politischen
Entscheidungen nur durchschnittlich zu 2,5 Prozent von religiösen
Überzeugungen leiten. Diese Selbsteinschätzung wird mit der Praxis
konfrontiert. Anhand der Beispiele Präimplantationsdiagnostik,
Beschneidung von Knaben, Schächtung und Totenruhe wird gezeigt, wie
stark Religionen die Politik wirklch beeinflussen.
Staat und Kirchen sind Vertragspartner. Die Beispiele Kirchenfinanzen
und Papstbesuch im Bundestag verdeutlichen, dass der Staat sich als
schwächerer Partner erweist. Ebenso fühlen sich offenbar die Vertreter
der vierten Staatsgewalt den Kirchen verpflichtet.
Die Organisationsformen und Selbstverständnisse von Staat und Kirchen
passen nicht zueinander. Der Staat versteht sich als Demokratie, die
Kirchen sind hierarchisch aufgebaut (katholische Kirche) oder zumindest
obrigkeitsorientiert.
Besonders verdeutlicht die Personalpolitik die missionarische
Zielrichtung der kirchlichen Wohlfahrtspflege. Der Staat hat in Form
von Sonderrechten seinen Segen zum kirchlichen Verhalten gegeben.
Unser demokratisch organisierter Staat hofiert die
obrigkeitsorientierten und weitgehend autoritär strukturierten Kirchen.
Das kann man kaum besser ausdrücken als Andrea Nahles, die, als sie als
SPD-Generalsekretärin war, in einem Interview mit der Frankfurter
Allgemeinen Sonntagszeitung vom 24.1.2010 ihre Überzeugung preisgab,
der Papst sei „der Chef vom Ganzen“.
Die der Demokratie nicht förderliche Struktur der Kirchen ist ein
Thema, mit dem Politiker sich beschäftigen sollten. Noch wichtiger ist
die Frage nach den Grundlagen der kirchlichen Botschaften. Der
christliche Glaube stützt sich auf die Bibel als „Heilige Schrift“, die
angeblich Gottes Wort beinhaltet. Nach verbreiteter Auffassung waren
die Verfasser der Texte von Gott, vom Heiligen Geist, inspiriert.
Verschiedene Quellen der Überlieferung sind zusammengeflossen.
Sowohl das Alte als auch das Neue Testament liefern keinen Grund,
anzunehmen, die Erzähler und Verfasser der biblischen Texte hätten vom
göttlichen Geist erfahren, was sie überliefern sollten. Nach Ansicht
der katholischen Kirche sollen die Bibel und die anschließende
Überlieferung innerhalb der Kirche gleichermaßen Quellen des Glaubens
sein. Auch bei Letzterem beruft sich die Kirche auf Inspiration durch
den Heiligen Geist. Wenige Beispiele aus der Kirchengeschichte reichen
für den Verdacht, der Heilige Geist könnte da vielleicht versagt haben.
Wie kommt die Hierarchie der Glaubensvermittler zustande? Hat der
Heilige Geist Bischöfe und Kardinäle mehr erleuchtet als einfache
Priester? Wer verfügt über die kirchliche Macht? Die Funktion und das
damit verbundene Rollenverständnis machen den Unterschied.
Welche Kompetenz unterstellt man eigentlich den Kirchenvertretern die
zu Rate gezogen werden, wo immer es um gesellschaftspolitische Fragen
geht? Theologie ist keine Über-Wissenschaft, sondern eine Wissenschaft
mit Glaubens-Vorgaben. Und die Bibel gibt keine Antworten auf Fragen,
die vor 2.000 Jahren noch nicht gestellt wurden.
Das Glaubensbekenntnis hält einer kritischen Überprüfung nicht stand.
Und damit fällt das ganze christliche Glaubensgebäude in sich zusammen.
Die Abgeordneten bestimmen die Regeln für unser Zusammenleben, und in
dieser Funktion sollten sie keine gemeinsame Sache mit denen machen,
die uns die Existenz von Himmel und Hölle weismachen, die uns
vorschreiben wollen, an Marias Jungfräulichkeit und ihre Himmelfahrt zu
glauben, die sich anmaßen, einen allmächtigen Gott zu vertreten, in
seinem Namen „Wahrheiten“ zu verkünden, Entscheidungen zu fällen und
Sünden zu vergeben.
Kann Fußball ein Religions-Ersatz sein? Es gibt viele Parallelen in
Fußball und Religion. Zentral sind die Gemeinschafts-Emotionen wie beim
Fußball, so auch in der Religion. 70 Prozent der Bundes- und
Landtagsabgeordneten, die an meiner Umfrage teilgenommen haben,
bekennen sich als Fußball-Interessierte. Bei den Abgeordneten ist
Fußball weder eine Alternative noch ein Ersatz für Religion. Die
Fußballinteressierten outen sich als die „besseren“ Gläubigen.
Beiden emotionalen Orientierungen liegt ein gemeinsamer Kern zugrunde:
die Illusion. Wenn Politiker für diese Illusionen empfänglich sind,
nährt das den Verdacht, sie könnten auch in anderen Zusammenhängen
emotional beeinflussbar sein. Sie könnten beispielsweise zu
leichtgläubig Argumente von Lobbyisten übernehmen.
Die Volksvertreter sind Menschen wie du und ich. Wir dürfen keine
Wundertaten von der Politik erwarten. Daraus folgt eine Verpflichtung
für alle Bürgerinnen und Bürger: Selbst Verantwortung übernehmen, sich
einmischen im Interesse des Gemeinwohls. Für die Werte, an denen wir
uns politisch und privat orientieren, benötigen wir keine göttliche
Autorität.
Die Verständigung fast aller Regierungen auf das Ziel einer
nachhaltigen Entwicklung, in der wirtschaftliche und ökologische
Anliegen bei weltweit sozialer Gerechtigkeit im Gleichgewicht liegen
sollen, ist zunächst eine Vorgabe von „oben“. Sie ist aber weitgehend
„unten“ angekommen, und jetzt geht es darum, sie nach „oben“
zurückzureichen, damit sie auch dort ernst genommen wird.